Steinbach – ein geschichtlicher Überblick

Autor: Peter Anhalt

 

Bekanntheit erlangte es wegen seiner guten Zuchtochsen. Hier die Bauernfamilie Heimbrodt mit ihrer Zucht Simmenthaler Rinder bei einer Landwirtschaftsausstellung in Worbis.

(Foto Peter Anhalt)

Clemens Leineweber (1876-1954), Dichter und Professor in Washington wurde in Steinbach geboren.

(Foto:Peter Anhalt) 

Steinbach ist ein ehemaliges Bauerndorf oberhalb des Leinetals. Die Feldflur liegt am leicht ansteigenden Hang des Rotenberges, der auf seinem höchsten Punkt 407 Meter erreicht.

In alten Zeiten, als man sumpfige Täler als Verkehrswege mied, führte oberhalb des Dorfes eine wichtige, von Süden nach Norden verlaufende Straße entlang (Hohe Straße). Der Rotenberg (der gerodete Berg) bildet eine Wasserscheide, gleichzeitig ist er bis heute die Sprachgrenze zwischen Hoch- und Niederdeutsch sprechenden Menschen.

Das Dorf selbst ist eine fränkische Siedlung, die im schützenden Tal des Steinbachs wahrscheinlich im 8. Jahrhundert gegründet wurde. Im Dorfkern hat sich die alte Siedlungsstruktur gut erhalten. Seine Ersterwähnung im Jahr 1294 verdankt der Ort ebenfalls seiner Grenzlage. Die Dominikaner von Göttingen und Mühlhausen hatten hier ihre Termineigrenze (Grenze ihres Bettelbezirkes).

Steinbach gehörte bis zum 16. Jahrhundert zum Zisterzienserinnenkloster Beuren. Die hiesigen Bauern konnten als Klosteruntertanen meist ungestört wirtschaften.

Die Besitzverhältnisse waren relativ gleichmäßig verteilt und auf Grund der großen Feldflur (8,48 km²) konnten die ca. 600 Einwohner gut leben.

Zu allen Zeiten war es möglich, dass Söhne der größeren Bauernhöfe zum Studium geschickt wurden. Spuren im Dorf hat ein auf Grund seiner Verdienste geadelter Jurist hinterlassen. Caspar von Henkelmann war Rat des Herzogs von Lothringen und zu Beginn des 18. Jahrhundes am Reichtag in Regensburg tätig.

Der erste Eichsfelder Doktorand an der Universität Halle, Carl Dräger, ein Mediziner, kam ebenfalls aus Steinbach. Meistens wurden die Bauernsöhne jedoch Priester oder Lehrer. Erstaunlich viele von ihnen waren schriftstellerisch tätig. So schrieb Heinrich Leineweber (1845-1910) den ersten Reiseführer für das Eichsfeld. Als Dichter besonders bekannt sind Professor Clemens Leineweber (1876-1954) und der Mundartdichter Karl Leineweber (1910-1997).

Von den Nachbardörfern werden die Steinbächer gern als Eulen bezeichnet. Man spielte mit diesen Spitznamen auf fleißige Menschen an, die sehr früh aufstanden, um in ruhigen Morgenstunden mit ihren Fuhrwerken unliebsamen Krach zu verursachten. Da die Eule jedoch auch ein Vogel der Weisheit ist, nahmen die Steinbächer dieses Tier gern in ihr Wappen auf.

Als katholische Pfarrei tritt Steinbach erst im 16. Jahrhundert in Erscheinung. Seit dieser Zeit wird der Wallfahrtsort Etzelsbach von hier aus betreut. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelten die Steinbächer zu dem Gnadenort eine große Verbundenheit. Es sei angemerkt, dass im Laufe der Zeit über 30 Steinbächer Priester wurden.

Heute beschäftigen sich nur noch wenige Einwohner berufsmäßig mit der Landwirtschaft. Einige wenige Landwirte bewirtschaften die Flur, die früher ein ganzes Dorf ernähren konnte.

Das Dorf am Rotenberg liegt heute abseits der Verkehrswege und hat keine befahrende Durchgangsstraße. Es lässt sich hier ruhig leben. Weite Wanderwege mit schönen Aussichten bis zum Harz mit seinem Brocken und auf der gegenüberliegenden Seite dem hessischen hohen Meißner sowie gut befestigte Pilgerwege rund um den Wallfahrtsort Etzelsbach machen Steinbach für Urlauber und Erholungssuchende attraktiv. Seit dem Papstbesuch 2011 in Etzelsbach ist der Bekanntheitsgrad Steinbachs wesentlich gestiegen.

Kurzer Überblick über die Geschichte Steinbachs

Steinbach gehört dem Namen nach zu der II. Siedlungsperiode und könnte im 8. Jahrhunderts als fränkische Siedlung gegründet worden sein. 1294 kam es mit der Burg Scharfenstein zum Kurfürstentum Mainz. 1297 wird es erstmals urkundlich erwähnt. 1318 wird es als Klosterdorf des Klosters Beuren genannt, das um 1200 gegründet wurde.

16.Jahrhundert

Um 1550 wird Steinbach, die bisherige Filiale von Reinholterode, selbständige Pfarrei. „Steinbach war den verführerischen Sekten nicht anhängig“, wie Hans von Westernhagen1574 berichtete. Im Gegensatz zu der Nachbargemeinde Reinholterode hatte in Steinbach kein weltliches Adelsgeschlecht Besitzungen. 1564 wurde der Kirchturm und sicherlich auch eine Kirche gebaut. Um diese Zeit wird auch der erste Pfarrer namentlich genannt. Er heißt Henrikus Beyer.

17.Jahrhundert

1633 hat das Dorf „infolge Kriegsleiden“ 51 bewohnte und 21 wüste Herdstellen. Damit war des das Dorf der nähren Umgabung, dass am Stärksten unter dem Krieg gelitten hatte. Im 17. Jahrhunderts hat Steinbach ungefähr 300 Einwohner.

18.Jahrhundert

Das 18. Jhd. brachte einen wirtschaftlichen Aufschwung. Verbesserte Landwirtschaft und der Beginn der Hausweberei waren die Ursachen dafür, dass die Steinbächer Bevölkerung bis zum Ende des 18. Jahrhunderts auf etwa 430 anstieg. Viele Häuser aus Eichenholz wurden in dieser Zeit gebaut. Doch von 1756 bis 1763 geben die Kirchenrechnungen und die Gemeinderechnungen ein beredtes Zeugnis von den Lasten, welche die Gemeinde während des 7jährigen Krieges zu tragen hatte. Trotzdem begann man bald nach dem Krieg mit dem Bau einer neuen Kirche, die 1786 eingeweiht wurde.

19.Jahrhundert

Als die Bevölkerungszahl in der Mitte des 19. Jahrhunderts Ihren Höhepunkt mit 824 Einwohnern erreichte hatte, steckte die Hausweberei schon in einer tiefen Krise. Not brach aus. Bettelei und Diebstähle wurden mit Einweisungen in Zwangsarbeitsanstalten und Zuchthäusern bestraft. Von 1843 bis 1847 suchten 50 Steinbächer ihr Glück in Amerika. Der Schulze Leineweber schrieb: “Außer dem Ackerbau, der bei großer Verschuldung und kleinen Besitzungen wenig Ertrag liefert, ist im Winter nur ganz geringer Verdienst durch Kattunweber“…

Die Steinbächer suchten so wie auch andere Eichsfelder Arbeit in der Fremde. Als Wanderarbeiter verließen 1864 zum Beispiel 76 Männer und Frauen den Ort.

Im letzten Drittel des Jahrhunderts verbesserten sich die Verhältnisse im Dorf. Straßen wurden gebaut und der Steinbach im Unterdorf gepflastert. Am Ende des 19. Jahrhunderts siedelte sich die Zigarrenindustrie in Steinbach an.

1918 Im 1. Weltkrieg verloren 30 Steinbächer ihr Leben.
1922 Zum ersten Mal brennt im Ort elektrisches Licht.
1923 Sowie in den Jahren 1926 und 1932 herrscht Arbeitslosigkeit.
1929 Großbrand, der Kirchturm brennt aus. Das ist der Anlass für eine Kirchenerweiterung, die 1935 abgeschlossen wird.
1932 Der Sportplatz wird errichtet.
1934 Am 19. August des Jahres wagen es noch 124 Steinbächer gegen Hitler zu stimmen!
1945 9. April: Befreiung durch amerikanische Panzer. Der 2. Weltkrieg kostete 78 Steinbächern das Leben.
1948 Das erste Haus nach dem Krieg wird gebaut (Bodenreformhaus).
1952 Steinbach kommt zum Kreis Heiligenstadt.
1954 In Steinbach wird ein Betriebsteil der Eichsfelder Bekleidungswerke eröffnet.
1959 Der Steinbach wird im Oberdorf verrohrt und im Unterdorf gepflastert.
1960 Alle landwirtschaftlichen Betriebe sind nun genossenschaftlich organisiert. Die LPG Typ 1 „Einigkeit“ Steinbach wird gegründet und bewirtschaftet mit 130 Mitgliedern aus 127 Betrieben eine Nutzfläche von etwa 722 Hektar.
1972 Steinbach wird aus dem Sperrgebiet ausgegliedert
1973 Die (Kooperative Abteilung Pflanzenproduktion ) KAP „Thomas Müntzer“ mit Sitz in Steinbach wird gegründet. Sie vereinigt 5 LPG’en.
1970 Schließung der Steinbächer Schule. Von nun an fahren alle Schüler mit dem Bus in die neuerrichtete Schule nach Bodenrode.
1983 Nun gibt es in Steinbach eine zentrale Wasserversorgung. Bis dahin gab es fast in jedem haus einen Brunnen.
1984 Die neue Milchviehanlage (oberhalb von Etzelsbach) mit einer Kapazität von 416 Kühen wird übergeben.
1989 Im November fällt der „Eiserne Vorhang“. Es folgen zahlreiche Umstrukturierungen.
1990 Steinbach wird nun wieder von einem CDU-Bürgermeister (Theo Conrady) regiert.
1991 Es wird erstmals Kirmes auf dem neuen Gemeindesaal in der Dorfmitte gefeiert (in einem Provisorium).
1990 Kirburg (Westerwald) wird die Partnergemeinde von Steinbach
1992 Steinbach hat Gasanschluss. Nun ist in den Wintermonaten die Luftqualität wesentlich besser. Es gibt wieder 13 landwirtschaftliche Betriebe in Steinbach. Es sind ungewöhnlich viele. Ein Großteil der Flächen bewirtschaftet die Agargenossenschaft. Altbewährtes verschindet. In Steinbach gibt es nun keine Poststelle mehr.
1995 Die Telefonmasten und auch die elektrischen Leitungen verschwinden aus der Dorfansicht.
1997 Steinbach feiert das 700-jährige Ortsjubiläum. Eine Festschrift und ein Heimatbuch werden veröffentlicht.
2011 Papst Benedikt XVI. feiert in Etzelsbach zusammen mit 90 000 Pilgern eine Marienvesper. Steinbach und Etzelsbach geraten in den Blick der Weltöffentlichkeit.
2014 Pilgerinformation Papstbesuch 2011 Etzelsbach wird eingeweiht. Ca. 40 000 Besucher und Pilger besuchen jährlich den Wallfahrtsort Etzelsbach

Steinbach ist ein Eulendorf

Autor: Peter Anhalt

Wer heutzutage durch Steinbach geht, findet vor den Häusern, in Fenstern oder gar auf dem Dachfirst vielfältigste Eulendarstellungen. Der weise Vogel ziert auch so manchen Garten. Man kann sagen: Steinbach ist ein Eulendorf. Ja, Steinbach war ein Eulendorf, lange bevor die Eule durch Harry-Potter-Bücher so an Berühmtheit gewann.

Keiner weiß jedoch, seit wann hier der Spitznamen „Eule“ tragen wird. Sicher ist hingegen, dass lieben Nachbarn ihn erdacht haben. Sie meinten damit auf keinem Fall, dass die Steinbächer besonders Weise seinen. Immerhin verkörpern Eulen seit der Antike Klugheit und Weisheit. Vielmehr dürfte der Spottname darauf zurückzuführen sein, dass die arbeitsamen Steinbächer schon „zur Nachtzeit aus dem Nest“ kamen, um ihre Felder zu bestellen. Auf dem Weg nach Heiligenstadt riefen sie in aller Herrgottsfrühe mit ratternden Wagenrädern und Peitschenknallen berechtigten Unmut hervor.

Dass die Steinbächer diesen Spitznamen wohlwollend annahmen und die Eule in ihr Wappen aufnahmen, zeigt eine gewisse Größe, ganz nach dem Motto: „machen wir das beste draus“. Immerhin gab es 1994, als ein Wappen für Steinbach gesucht wurde, drei verschiedene Vorschläge. Einer der Entwürfe zeigte ein stolzes Ross und stellte den Bezug zu Etzelsbach her. Dennoch wurde die Eule ausgewählt. Als 1997 die 700-Jahrfeier der Ersterwähnung Steinbachs begangen wurde, gab es im Ort schon so viele Eulendarstellungen, dass bei einer Ausstellung im Dorfgemeinschaftshaus über 200 Eulenfiguren gezeigt werden konnten. Heute werden im Ort über 1000 Eulen aufzutreiben sein und da sind die Einwohner keinesfalls mitgerechnet.

2001 erschien ein Buch mit gereimten und mundartlichem Texten verschiedenster Steinbächer unter dem Titel „Uhlnfaddern“ (Eulenfedern). Das Buch wurde vom Heimatverein Steinbach zum 90. Geburtstag von Karl Leineweber herausgegeben und ist fast ausverkauft. Nur noch 30 Exemplare sind im Handel bzw. beim Verlag Cordier in Heiligenstadt erhältlich (Tipp: das ist die letzte Chance eins zu kaufen).

Die für Steinbach wertvollsten Eulenfiguren sind sicher jene, die Karl Fulle (1950 in Steinbach geboren) 1997 als Geschenk an seine Heimatgemeinde in kleiner Serie in Ton schuf. Immerhin ist Fulle ein weithin anerkannter Künstler. Kürzlich erschein über ihn und sein Werk ein Buch mit dem Titel: „Karl Fulle“.